Kostenexplosion und (fraglicher) Nutzen

Immer teurer – immense Steigerungen

Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003, wurden noch knapp 90 Mio. Euro für die Landshuter Umfahrung veranschlagt, 2012 ging man dann bereits von knapp 500 Mio. Euro aus. Mit dem neuen BVWP von 2016 waren es 210 Mio. Euro.

Wie das kommt? Es steht zu befürchten, dass die Kosten schöngerechnet wurden, um eine bessere Bewertung im BVWP zu bekommen. Vermutlich steigen sie wieder mit einer konkreteren Planung und mit dem Baufortschritt nach oben.

[Update 12.09.2024]: Die aktuellsten Berechnungen aus dem Jahr 2024 liegen nun bei 570 Mio € nur für den Abschnitt von der A92 bis zur B299…und das sich sicherlich noch nicht das Ende. Einen aktuellen Beitrag dazu lesen Sie hier.

Überholt! Bundesverkehrsministerium plant mit veralteten Daten!

Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan, der eigentlich hätte überarbeitet werden sollen, steht die B15 neu noch mit dem Nutzen-Kosten-Faktor von 4 . Im Klartext: Der Nutzen solle die Kosten um das Vierfache übersteigen. Schon 2016 war diese Einordnung umstritten, wie bei vielen anderen Projekten hatte dies der Bundesrechnungshof kritisiert.

Greenpeace und die Organisation „Transport und Environment“ haben nun die veralteten Zahlen neu berechnet. Einbezogen haben sie dabei die explodierenden Baukosten der letzten Jahre sowie die gestiegenen Klimakosten. Die beinhalten die langfristigen Schäden durch Kohlendioxid, die beim Bau einer autobahnähnlichen Bundesstraße, bei der dadurch bedingten Zerstörung von Wäldern und anderen Flächen sowie durch den Verkehr auf der neuen Straße entstehen. Laut Bundesumweltamt liegen die Kosten pro Tonne zusätzlichem Kohlendioxid heute fünfmal so hoch wie bei der Berechnung 2016. Dazu kommt der zusätzliche, sogenannte induzierte Verkehr, der wissenschaftlich bewiesen durch den Neu- und Ausbau von Straßen entsteht und weitere Belastungen bringt.

Die Kosten in Höhe von 1,1 Milliarden, die der lange Tunnel über seine Betriebsdauer verschlingen wird, sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Damit wird die B15 neu neben dem zu hoch bewerteten Nutzen auch volkswirtschaftlich immer mehr zum Verlustgeschäft. Und das ist noch nicht das Ende des finanziellen Desasters. Bei vielen Autobahnprojekten liegen die tatsächlichen Kosten oft fast doppelt so hoch wie angenommen. Für die B15 neu heißt das: Wir bewegen uns perspektivisch inzwischen eher auf 1,5 Milliarden Euro zu. Wer trotzdem immer noch an der vierspurigen Bundesstraße festhält, schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch den Finanzen.

Link zur Studie: 

https://www.transportenvironment.org/te-deutschland/articles/wie-das-verkehrsministerium-mit-veralteten-daten-plant

Die Kosten explodieren: 9 km B15 neu für 182 Millionen!

Wie die Süddeutsche Zeitung am 18.8.2015 berichtet hat, laufen die Kosten des nur 9 Kilometer kurzen Abschnitts zwischen Ergoldsbach und Essenbach aus dem Ruder. Statt der geplanten 88 Millionen geht die Autobahndirektion jetzt von 182 Millionen aus. Was wird dann erst die Untertunnelung der Isarhangleite kosten?
Den ganzen Artikel der SZ finden Sie hier.

Bisher wurden die Kosten für die gesamte Trasse mit 1,7 Milliarden Euro veranschlagt. Wir fanden schon vor Jahren: Das sind Haushaltsmittel, die besser für Ausbau und Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing ausgegeben würden oder für die Rheintalbahn, eine europäische Magistrale für den Güterverkehr auf der Schiene.

Steuergelder werden verschleudert

Ein Beispiel: Die Baukosten der bereits fertig gestellten B15 neu zwischen Saalhaupt und Haarbach betrugen nach Fertigstellung 159,1 Millionen Euro. Eine Kostensteigerung von 40 Prozent im Vergleich zur Angabe im Bundesverkehrswegeplan von 2003

Kostenentwicklung bei der B15 neu

Die Partei der Grünen hat beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Juni 2017 nachgefragt, wie die Entwicklung der Kosten bei der B15 neu und später bei der Landshuter Umfahrung kontrolliert wird. Die Antwort ist ernüchternd: Weil „verwaltungsintern“ sei eine parlamentarische Kontrolle ausgeschlossen, schreibt das Ministerium. D.h. selbst bei absolut astronomischen Steigerungen bleibt es dem BMVI überlassen, intern festzustellen, ob die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Und wenn das entschieden ist, kann das BMVI dann im Anschluss eigenmächtig die Baufreigabe erteilen. Gewaltenteilung sieht anders aus. Mehr dazu hier

Straßen neu bauen statt sanieren? Bodewig-Kommission ist dagegen

Die Bodewig-Kommission war im April 2013 von den Länderverkehrsministern eingesetzt worden mit dem Ziel, konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik zu formulieren. Resultat: Über viele Jahre hinweg hat der Staat Investitionen in die Verkehrswege reduziert mit der Folge, dass sich ein riesiger Investitionsstau aufgebaut hat, der dringend abgebaut werden muss, wenn Deutschland nicht in einen Verkehrsinfarkt stolpern will. Insgesamt 2500 Straßenbrücken müssen saniert werden. Nahezu ein Drittel aller deutschen Eisenbahnbrücken und Schleusen sind marode. Allein für die nachholende Sanierung werden bundesweit mindestens 40 Milliarden Euro benötigt!

Mit der neuen Autobahn kommen unkalkulierbare Kosten auf die Gemeinden zu

Die Gemeinden unserer Region müssen für die Infrastruktur rund um die Autobahn aufkommen, für den Bau der Zufahrtstraßen – und für deren Instandhaltung. Erfahrungsgemäß fehlt dafür immer das Geld …

Der Bundesrechnungshof warnt: Mit ÖPP/PPP wird Autobahnbau noch teurer

Der Bundesrechnungshof (BRH) kritisiert in einem internen Gutachten vom Januar 2016 die Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zum privaten Autobahnbau. Es könnte ein Anreiz entstehen, „Projekte auch dann im Wege von ÖPP zu realisieren, wenn eine konventionelle Realisierung wirtschaftlicher wäre“ , warnen die Prüfer.

Bei einer öffentlich-privaten Partnerschaft finanzieren die Baukonzerne ein Projekte mit privatwirtschaftlich aufgenommenen Krediten vor, führen es aus und betreuen es über einen längeren Zeitraum. In dieser Zeit werden ihnen die Bau- und Unterhaltskosten vom Staat erstattet.

Doch in der Praxis werden die Projekte oft teurer als veranschlagt. Laut dem Bericht kam es bei fünf von sechs in ÖPP gebauten Autobahnen zu Mehrkosten von fast zwei Milliarden Euro. Zudem fürchtet der Bundesrechnungshof, dass besonders kleine Firmen leer ausgehen. Durch das große Finanzvolumen kommen vor allem große Firmen zum Zug. Ein weiterer Streitpunkt zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Rechnungshof sind die Zinsen, denn nicht klar ist, ob in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auch ein Zinsänderungsrisiko berücksichtigt werden kann. [zitiert nach faz.net am 3.1.2016]

Außerdem kalkuliert ein Unternehmen die Erhaltung einer Straße nicht auf den tatsächlichen Lebenszyklus, sondern auf die vereinbarte Vertragslaufzeit, d.h. die Straße ist gerade in den späteren Jahren nicht mehr finanziert, wenn Reparaturarbeiten anstehen. Die Straßen fallen dann zurück an den Bund, und die Sanierung zahlt dann wieder der Steuerzahler.

Die Baukosten wurden bisher noch nicht seriös kalkuliert.

2009 legte die Autobahndirektion Süd einen Folienvortrag mit einer Kostenschätzung auf. Darin sind die Kosten für die einzelnen Bauabschnitte nachzulesen:
– Saalhaupt-Neufahrn: 154 Millionen Euro für 21,6 Kilometer, das entspricht 7,1 Millionen pro Kilometer
– Neufahrn-Ergoldsbach: 66 Millionen Euro für 7,2 Kilometer, entspricht 9,1 Million pro Kilometer
– Ergoldsbach-Essenbach: 88 Millionen Euro für 9 Kilometer, entspricht 9,7 Millionen pro Kilometer
(Quelle: Autobahndirektion Südbayern, 2009, Teil 1, Teil 2)

Weitere Kosten …

  • Eine intakte Kulturlandschaft wird unwiederbringlich zerstört.
  • 1000 Hektar (kalkuliert) werden versiegelt. Das entspricht den Betriebsflächen von ca. 20 Bauernhöfen der Region oder von 1400 Fußballfeldern.
  • Auszuweisende Ausgleichsflächen werden ebenfalls der Bewirtschaftung und damit dem regionalen Markt entzogen, mit unmittelbaren Folgen:
  • Pacht- und Flächenpreise werden steigen und
  • Landwirtschaftliche Böden in unmittelbarer Nähe verlieren ihre Eignung für den biologischen Anbau.
  • Häuser und Grundstücke entlang der geplanten Trasse verlieren an Wert.

… und der Nutzen ?

V.a. LKW-Transitverkehr wird von anderen Straßen und Autobahnen auf die B15 neu umgeleitet. Und für die Bewohner der Region? Eine Zeitersparnis von 20 Minuten, um einen Ausflug von Landshut nach Kufstein zu machen oder zum Skifahren nach Tirol zu düsen. Ein fragwürdiger Nutzen!

Wir sind für eine kluge Verkehrsplanung. Es gibt Alternativen, die zügig weiterhelfen können.

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