aus der Landshuter Zeitung vom 22.08.2014 von Johannes Viertlböck
Kompromiss bei B 15 scheint in Reichweite
Grünen-MdB will Ortsumgehungen und dreispurige Abschnitte, aber keine neue Trasse
Im seit Jahrzehnten schwelenden Streit um die B 15 neu von Landshut nach Rosenheim scheint eine tragfähige Lösung in Reichweite. Im Sommergespräch mit der Landshuter Zeitung bekennt sich Grünen-Bundestagsabgeordneter Dr. Thomas Gambke zu einem Kompromiss, der neben Ortsumgehungen entlang der alten Trasse auch einen abschnittsweise dreispurigen Ausbau der B 15 alt vorsieht. „Auf kommunalpolitischer Ebene sehe ich überparteilich viel Sympathie für diesen Vorschlag“, sagt Gambke, schränkt aber ein: „Überregional müssen wir noch etwas Überzeugungsarbeit leisten.“
Der für die Region wohl wichtigste Bestandteil des Konzepts: Landshut würde eine Umgehungsstraße im Osten erhalten. Neben einer neuen Isarbrücke wäre laut Gambke auch ein Tunnel durch die Isarhangleite nötig. Dieser würde – weil nur zwei- statt wie bisher geplant vierspurig ausgeführt – deutlich weniger kosten als in den Planungen für die B 15 neu vorgesehen. Südlich von Landshut würde die Bundesstraße dann weiter auf der alten Strecke Richtung Rosenheim verlaufen. Vorbildcharakter soll dabei die B 20 zwischen der A 92-Anschlussstelle Landau und Straubing haben. Diese ist abschnittsweise dreispurig ausgebaut. Weitere Ortsumfahrungen, etwa des „Nadelöhrs“ St. Wolfgang, könnten die Fahrzeit zwischen Landshut und Rosenheim zusätzlich verkürzen.
Im Gegenzug müssten sich die Befürworter der B 15 neu von einer autobahnähnlichen Straße bis Rosenheim verabschieden. „Das Projekt muss in der geänderten Form in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden“, sagt Gambke. Er hält dann eine zeitnahe Umsetzung bis 2025 für möglich. Der Staat würde mit der Kompromiss-Variante eine Menge Geld sparen. „Gegenüber der vierspurigen B 15 neu müsste man, wenn alles ideal läuft, mit einem Fünftel der Kosten auskommen“, so Gambke. Er rechnet damit, dass für den Ausbau der B 15 alt samt der aufwändigen Umfahrung Landshuts 400 bis 500 Millionen Euro ausreichen.
Gambke für Senkung der Sozialversicherungsbeiträge
Als Mitglied des Finanzausschusses liegt Gambke die Steuerpolitik im Blut. Stichwort: kalte Progression. Das Ziel, Bezieher mittlerer Brutto-Jahreseinkommen zwischen 30 000 und 60 000 Euro zu entlasten, sei richtig, sagt der Bundestagsabgeordnete. „Aber wichtiger und effektiver als eine Senkung der Steuersätze wäre eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen.“ Denn diese schmälerten den Bruttolohn im genannten Einkommenssegment besonders stark. Um das durch eine derartige Entlastung entstehende Minus in den Sozialkassen auszugleichen, müssten diese höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt bekommen.
Zur Gegenfinanzierung hält Gambke eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes für unumgänglich. „Die Verbrauchsteuern, also allen voran die Mehrwertsteuer, dürfen dagegen auf keinen Fall weiter steigen“, sagt er. „Denn davon wären gerade Geringverdiener, kinderreiche Familien und Rentner besonders stark betroffen.“ Kleinen und mittleren Unternehmen stellt Gambke, der auch mittelstandspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, ebenfalls Erleichterungen in Aussicht. „Vorstellen könnte ich mir eine Entlastung in Form einer niedrigeren Besteuerung von Gewinnen, die im Unternehmen verbleiben.“
Das von CDU, CSU und SPD verabschiedete Rentenpaket kommt bei Gambke schlecht weg. Und das vor allem, weil die Wohltaten aus der Rentenkasse und nicht über den Bundeshaushalt finanziert werden. „Das ist der falsche Weg. Wenn, dann muss sowas über höhere steuerliche Zuschüsse laufen, weil so alle Formen von Einkommen in die Finanzierung einbezogen würden.“
Was die Außenpolitik angeht, sind die Schwerpunkte durch die aktuellen Krisen vorgegeben. Stichwort Ukraine: In dieser Frage steht Gambke zu den Sanktionen, die die EU gegen Russland verhängt hat. Der Grund: „Russland hat internationale Verträge gebrochen. Das ist völkerrechtlich nicht akzeptabel.“
Von der Energiewende ist Gambke weiter überzeugt. „Die Erneuerbaren werden sich durchsetzen, denn sie sind nicht nur kostengünstig, sondern machen uns auch unabhängiger vom Ausland.“ Den Streit um die nötigen neuen Stromtrassen möchte der Grünen-Abgeordnete möglichst durch Erdverkabelung lösen. „Auf diesem Gebiet gibt es neue Technologien, die deutlich günstiger sind als die bisherigen und die Staatskasse entlasten.“
Seine Gedanken hat sich der Grünen-Politiker auch über die staatlichen Familienleistungen gemacht. „Wir plädieren dafür, die derzeit sehr zersplitterten Leistungen zusammenzulegen“, sagt Gambke. Im Klartext: Kindergeld, Elterngeld, Betreuungsgeld, Kinderzuschlag und ähnliche Einzelleistungen würden für unter Dreijährige in einem Pauschalbetrag gebündelt. Wie hoch dieser sein könnte, darüber wollte Gambke noch keine Angaben machen. „Prinzipiell geht es aber um höhere finanzielle Leistungen pro Kind an die Eltern“, sagt er. Den Erziehungsberechtigten solle es dann freistehen, das Geld für die Betreuung in Kitas oder für die selbst organisierte Betreuung zu verwenden. Ziel der Grünen sei es, Familien mit Kindern finanziell deutlich besser zu stellen. Gegenfinanziert werden solle das über Änderungen beim Ehegattensplitting. Sein Credo: „Steuerliche Vorteile sollen an Kinder gebunden sein – und nicht an den Trauschein.“