Stellungnahme zur Bewertungsmatrix der Ortsumfahrung Landshut

Rosi Steinberger von Bündnis 90 / Die Grünen hat ein Gegengutachten zur Ortsumfahrung Landshut in Auftrag gegeben. Dipl.-Geogr. Wulf Hahn von SRL, der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung SRL e.V., hat sich ins Thema eingearbeitet.

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Zur Erinnerung: Zur Ortsumgehung Landshut wird derzeit ein Dialogforum Ost-Süd-Umfahrung durchgeführt. Diskutiert werden insgesamt 9 Planfälle, die sich in weitere Varianten und Untervarianten untergliedern. Um die Vielzahl der Planfälle vergleichen zu können wurde in der 2. Sitzung des Dialogforums am 5.10.2015 vom Staatlichen Bauamt Landshut eine sogenannte „Gegenüberstellungsmatrix“ vorgestellt. Ziel des Staatlichen Bauamts Landshut ist es mit Hilfe dieser Matrix einen objektiven Vergleich der Planfälle zu ermöglichen.

In der fachlichen Bewertung von Wulf Hahn heißt es u.a.:

„Es ist weder nachvollziehbar noch üblich, dass die Entlastung der Anwohner als Hauptkriterium einer verkehrlichen Beurteilung der Varianten herangezogen wird. Grundsätzlich ist aus fachlicher Sicht zu fordern, dass die in der Matrix verwendeten Kriterien gleichberechtigt nebeneinander stehen, so wie es beispielsweise bei der Bewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) dem üblichen fachlichen Standard entspricht.

Das Kriterium der Gesamtfahrleistung ist lediglich dazu geeignet, etwas über die mögliche Entlastung von Verkehrsleistungen zu sagen, ist also ein verkehrsleistungsbezogenes Kriterium, das nichts über das Verkehrsaufkommen aussagt.

Weiter muss darauf hingewiesen werden, dass der Name des Kriteriums nicht logisch und irreführend ist. Bei einem Kriterium „Entlastung Anwohner“ hätte man erwartet, dass ermittelt wird, wie viele Einwohner von Lärm oder Schadstoffbelastungen entlastet werden und in welchem Ausmaß diese Entlastung erfolgt.

Die Multiplikation der Be- und Entlastungen mit der Länge der Straßenabschnitte führt aufgrund der ungleichen Länge der Varianten bzw. deren völlig unterschiedlicher Abschnittsbildung zwangsläufig zu unterschiedlichen Entlastungswirkungen. Das Kriterium ist in dieser Form nicht geeignet die ‚Entlastung der Anwohner‘ zu beurteilen.

Auch dieses Kriterium ist ein verkehrsbezogenes Kriterium. Durch die Ausweisung von Entlastung und Verkehrsnutzen kommt es zu einer doppelten Gewichtung des Verkehrs, sodass keine fachlich ausgewogene Matrix zur Bewertung der Varianten gegeben ist.

Das Kriterium der Fahrzeitersparnis ist ein üblicher verkehrsplanerischer Standard. Ungewöhnlich ist die Messung der Zeitersparnis nur anhand von zwei Fahrbeziehungen (Geisenhausen + Münchsdorf), die ausschließlich über die Fahrzeitdifferenzen des Durchgangsverkehrs ermittelt wird und prozentual betrachtet wird. Es ist nicht erkennbar, ob die Fahrzeitdifferenzen vorher mit den jeweiligen Verkehrsmengen in Beziehung gesetzt werden, um die Fahrzeitersparnis insgesamt zu berechnen, wie dies üblicherweise geschieht.

Aus der Darstellung wird auch nicht deutlich, was als weiträumiger Verkehr und was in Abgrenzung dazu als Durchgangsverkehr verstanden wird. Es ist zum Beispiel die Frage zu stellen, ob der Durchgangsverkehr bezogen auf Landshut betrachtet wird oder der weiträumige Verkehr im Sinne des FStrG, der den überregionalen Verkehr meint.“

Wulf Hahn fasst zusammen:

Die vom staatlichen Bauamt gewählten vier Bewertungskriterien sind für einen objektiven Variantenvergleich nicht geeignet.

Besonders zu kritisieren ist, dass die verkehrlichen Belange mehrfach in die Kriterien einfließen. Die Abstufungen der Kriterien sind nicht nachvollziehbar.

Es besteht die Gefahr, dass durch das gewählte Verfahren vorzeitig Varianten ausgeschlossen werden, die im Rahmen der FFH-rechtlichen Alternativenbetrachtung zu berücksichtigen gewesen wären. Bevor die Gegenüberstellungsmatrix inhaltlich weiter diskutiert wird, müssen die Detail-Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung bezogen auf die einzelnen Varianten vorgelegt werden. Im Folgenden werden die gesetzlichen Regelungen zur Durchführung von Untersuchungen zu Standort- oder Trassenalternativen erläutert, um die korrekte Vorgehensweise aufzuzeigen.

In der Gesamtbewertungsmatrix des Dialogforums Ost-Süd-Umfahrung Landshut muss das Kriterium Natura 2000 gesondert berücksichtigt werden.

Sind erhebliche Beeinträchtigungen bei einer Variante nicht auszuschließen oder sogar zu erwarten, muss die ffh-rechtliche Ausnahmeprüfung durchgeführt werden.
Es sei denn der Vorhabensträger kann in einer FFH-Verträglichkeitsprüfung den Nachweis der Unerheblichkeit für die von ihm vorgeschlagene Vorzugsvariante führen, oder aber darlegen, dass für diese ein überwiegendes öffentliches Interesse geltend gemacht werden kann, das höher gewichtet werden kann als die Schutzbelange des Natura 2000 Netzes.

Um die Variantenprüfung im jetzigen Vorplanungsstadium nicht zu überlasten kann auf ein vor kurzem entwickeltes Verfahren des Bundesamtes für Naturschutz (2014) verwiesen werden, in dem ein Bewertungsrahmen für die Alternativenprüfung im Rahmen der Ausnahmeprüfung nach europäischem Gebiets- und Artenschutzrecht erstellt wurde.

Die gesamte Argumentation von Wulf Hahn finden Sie hier incl. der Methodenkritik.

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